Die technische Konvertierung der FI/CO-Module in SAP ERP Central Component (SAP ECC) auf die Lösung SAP S/4HANA Finance nach dem Brownfield-Ansatz (Software-Modernisierung) bringt eine Reihe von Herausforderungen mit sich.
Darunter zählen insbesondere folgende:
Frühzeitige Bereitstellung einer auf S/4HANA migrierten Sandbox:
Dies ist notwendig, damit die Key User in einer ihnen vertrauten Umgebung auf die neuen Funktionen geschult werden können. Zudem sind viele Punkte der Custom Code Analyse erst nach der Konvertierung möglich.
Herstellung der Datenintegrität:
Bevor ein System migriert werden kann, müssen zunächst die Bewegungs- und Stammdaten integer sein. Hierzu werden entsprechende Prüfprogramme ausgeliefert. Festgestellte Inkonsistenzen müssen umgehend analysiert und behoben werden.
Altdaten:
Das System wird in Gänze migriert. Das heißt auch Altdaten, die nicht mehr operativ genutzt werden, unterliegen allen Migrationsprüfungen. Häufig wird bei der Projektinitialisierung übersehen, dass auch inaktive Buchungskreise oder gar nicht mehr genutzte Mandanten im System vorhanden sind. Gerade in diesen Altdaten gibt es besonders viele Migrationsfehler (z.B. durch zwischenzeitliche Customizing-Änderungen).
Neue Funktionen implementieren vs. kurze Projektlaufzeit:
Viele Anwender haben bereits von der neuen Funktionsvielfalt in S/4HANA gehört und erhoffen sich im Migrationsprojekt eine entsprechende Aktivierung all dieser Funktionen. Neue Funktionen (z.B. Embedded Analytics, Margenanalyse, Zusatzfunktionen Kreditmanagement) erfordern aber immer auch Implementierungs- & Schulungsaufwand. Dies verlängert die Projektlaufzeit. Daher ist sorgsam abzuwägen, welche Funktionen bereits im Migrationsprojekt (Minimum Muss-Simplifizierungen) und welche in nachgelagerten Projekten implementiert werden.
Mit den fünf Arbeitspaketen, in denen Aufgaben und Inhalte klar definiert sind, stellen Sie die Transformation auf ein solides Fundament:
- Simplification Item Check
- Prüfung der Datenintegrität des Hauptbuchs
- Customizing von SAP S/4HANA Finance vor der ersten Test-Conversion
- Migration der Finanzdaten
- Datenabstimmung
Die fünf Arbeitspakete im Überblick
1. Simplification Item Check
Im Zuge des Simplification Item Check werden sämtliche Objekte aus SAP FI (Financial Accounting) und SAP CO (Controlling) auf ihre Konsistenz geprüft (Consistency Check) und Fehler bzw. Probleme sofort durch Ampelfarben signalisiert. Solange eine Ampel auf Rot steht, kann keine technische Konversion auf SAP S/4HANA Finance durchgeführt werden. Die Fehler- bzw. Problembehebung erfolgt in der Regel anhand von SAP-Hinweisen (inklusive der dazugehörigen Korrekturprogramme) oder mit einer Beraterlösung auf Basis von SAP-Bordmitteln. In bestimmten Fällen kommt man jedoch nicht drum herum, den SAP-Support hinzuzuziehen. Bei der Konvertierung werden zudem sämtliche Stamm- und Bewegungsdaten aus allen SAP-Mandanten migriert. All diese Daten werden im Zuge der Migration auf SAP S/4HANA auf Konsistenz geprüft, einschließlich der Altdaten wie nicht mehr genutzten Buchungskreisen oder veralteten Stammdaten.
2. Prüfung der Datenintegrität des Hauptbuchs
Das Universal Journal bildet das zentrale Element der Finanzbuchhaltung in SAP S/4HANA Finance und bietet wichtige Neuerungen. Dazu gehört beispielsweise die Integration des Finanzwesens mit dem Controlling und der Materialbewertung mit einer einzigen Datenbanktabelle namens „ACDOCA“. Die Qualität der Finanzdaten im produktiven SAP-ECC-System sollte daher unbedingt analysiert werden, damit eventuelle Fehler aufgespürt, kategorisiert und behoben werden können.
Dafür gibt es die drei SAP-Transaktionen FIN_CORR_RECONCILE (Datenanalyse), FIN_CORR_DISPLAY (Fehleranzeige) und FIN_CORR_MONITOR (Korrektur). Die Fehlerkorrektur erfolgt nur in wenigen Fällen automatisch, sondern muss größtenteils mithilfe von SAP-Hinweisen erledigt werden. Erst wenn diese Vorarbeiten abgeschlossen sind und alle Ampeln auf Grün stehen, kann die technische Konvertierung auf SAP S/4HANA Finance erfolgen – zunächst in einer Sandbox-Umgebung.
3. Customizing von SAP S/4HANA Finance
Durch die Anpassungen, die im Zuge dieser „Conversion of Accounting to SAP S/4HANA“ an der neuen Finanzlösung notwendig werden, führt der sogenannte SAP Customizing Implementation Guide. Ein Praxisbeispiel zeigt, welche Anpassungen nötig sein können. War eine Umbuchung (Kostenstelle zu Kostenstelle) im Controlling im FI-Modul von SAP ECC nicht sichtbar, wird in SAP S/4HANA Finance dafür automatisch auch ein sichtbarer FI-Beleg erzeugt, der über eine Belegart und einen Nummernkreis verfügen muss. Die analog zur CO-Umbuchung im FI-Beleg benötigte Belegart und der Nummernkreis werden per Customizing zugewiesen.
Es gibt auch Fälle, in denen es nötig ist, Anpassungen wie die Anlage oder Änderung von Belegarten oder die Auswahl der Nummernkreise mit der Fachabteilung in einem Workshop abzustimmen. Es erweist sich als großer Pluspunkt, dass sich einmal vorgenommene Customizing-Einstellungen über Transportaufträge sichern und in nachfolgende Sandbox-Umgebungen, aber auch in das Entwicklungs-, Qualitäts- und Produktivsystem, einspielen lassen.
4. Datenmigration
Im nächsten Schritt erfolgt die Datenmigration im Finanzwesen, deren Herzstück der Migration Monitor bildet. Er überträgt Finanzdaten, zum Beispiel Stamm-, Beleg- oder Transaktionsdaten, in einer aufgrund von Abhängigkeiten festgelegten Reihenfolge in das Universal Journal oder den Material Ledger. Sollte das Tool dabei fehlerhafte Daten entdecken, stoppt es die Migration und setzt sie erst wieder fort, wenn die nötigen Korrekturen durchgeführt und akzeptiert sind.
Es gibt allerdings auch die Möglichkeit, bestimmte Fehler zu akzeptieren und zu migrieren, vorausgesetzt sie wirken sich nicht negativ aus und sind gut dokumentiert. In diesem Zusammenhang sei auch erwähnt, dass die Datenmigration vom klassischen Kreditmanagement-Modul (FI-AR-CR) auf das neue SAP Credit Management gesondert und mit speziellen IT-Tools durchgeführt wird.
5. Datenabstimmung
Die Datenabstimmung ist nötig, damit rechtsverbindlich und auditkonform dokumentiert ist, dass die Finanzdaten in SAP S/4HANA Finance auch nach der Migration noch identisch mit denen aus SAP ECC sind. Mit dem „SAP S/4HANA Finance System Conversion Guide“ steht dafür zwar ein Basiskonzept mit Prüfberichten bereit, doch es empfiehlt sich, ein auf die eigenen Anforderungen zugeschnittenes Konzept zu erstellen, das auch den Materialbestand abgleicht und mit dem Wirtschaftsprüfer abgestimmt ist.
Mit einer guten Planung zu einer erfolgreichen, schnellen SAP S/4HANA Finance Transformation
Die fünf Arbeitspakete unterstützen den Umstieg auf SAP S/4HANA Finance effizient und sorgen für eine zügige und sichere „Lean Conversion“. Zusätzlich beschleunigt wird die Konvertierung, wenn der Simplification Item Check, die Datenintegritätsprüfung des Hauptbuchs und die Erstellung des Konzepts für die Datenabstimmung bereits in Vorprojekten durchgeführt wird.
Das A und O, um die mit einer Konversion verknüpften Fallstricke und Restriktionen zu umgehen und sie möglichst reibungslos über die Bühne zu bekommen, ist eine gute Planung. Zum Beispiel muss vor dem Go-live die Anlagenbuchhaltung für das vergangene Geschäftsjahr komplett abgeschlossen sein, sodass nachträgliche Buchungen nicht mehr möglich sind. Sofern die Ist-Kalkulation des Material Ledger genutzt wird, müssen der letzte Kalkulations- wie auch der letzte Abschreibungslauf fertiggestellt sein. In bestimmten Fällen empfiehlt es sich im Sinne einer Best Practice, die Migration erst durchzuführen, wenn ein Periodenabschluss für den Vormonat vorliegt. Auf diese Weise lassen sich Fehler vermeiden, die später ein aufwendiges und teures Bug-Fixing erfordern.