Augmented Analytics: Wie KI die SAP Analytics Cloud transformiert

SAC Augmented Analytics: Analytics goes KI

Nichts treibt aktuell sowohl Privatpersonen als auch Unternehmen so sehr um, wie die Themen Künstliche Intelligenz (KI, engl. AI Artificial Intelligence) und Maschinelles Lernen (ML, engl.Machine Learning) und deren Auswirkungen auf das private und berufliche Umfeld. Speziell im Berufsalltag stellt sich die Frage, ob und wie sich ChatGPT, Microsoft 365 Copilot und Co. sinnvoll und gewinnbringend integrieren lassen.

In diesem Blogbeitrag wollen wir die Frage beantworten, welche KI basierten Funktionen den Anwender, speziell im Umfeld der SAP Analytics Cloud (SAC), unterstützen und ihm dadurch einen direkten Mehrwert bieten. Dabei möchte ich allerdings darauf hinweisen, dass auf Grund des Tempos, mit dem die SAP innerhalb der SAC KI basierte Neuerungen vorantreibt, die Informationen in diesem Beitrag als eine Momentaufnahme mit Wissensstand August/September 2024 verstanden werden sollten.

Traditional Analytics – Ein kurzer Blick in den Rückspiegel

Bevor wir uns den KI-Funktionen der SAC detailliert zuwenden, wollen wir den Begriff Augmented Analytics umreißen, unter dem diese KI-Funktionen in der SAC subsumiert werden.

Am Anfang der Entwicklungen im Bereich Analytics standen bei der SAP und in den Projekten unserer Kunden die grundlegenden Mechanismen zum Einbinden von Unternehmensdaten aus heterogenen Datenquellen und die anschließende Aufbereitung, Harmonisierung und Ablage von Daten in einem Datawarehouse.

Darauf aufbauend wurden durch die IT-Abteilungen die unternehmensweit genutzten, vordefinierte Standardreports und Dashboards definiert und zusätzlich Möglichkeiten geschaffen, durch die Endanwender in diesen Berichten ad-hoc mit Bedienungsmethodiken, wie sie von Excel Pivot Tabellen bekannt sind (Drag-and-Drop, Slice-and-dice, etc.) navigieren konnten. Getrieben durch neue Produkte wie die SAP Analytics Cloud (SAC) und die SAP Datasphere, fand im Anschluss daran der nächste Entwicklungs- bzw. Innovationsschritt zur Steigerung der Produktivität statt.

Es erfolgte eine „Demokratisierung“ der Berichtserstellung und eine „Föderalisierung“ der Datenhoheit, weg von der alleinigen Verantwortung der IT-Abteilung, hin zu den potenziellen Data Ownern in den Fachbereichen. Stichwort: Self-service BI. Auch die strategische und zunehmend auch die operativen Planungen wandern aus den on-prem Business Warehouses (BW/4HANA) und den operativen Systemen (S/4HANA) zunehmend in die SAC bzw. Datasphere.

Augmented Analytics – Maschinen getriebene Analytik

Schaut man sich die Meilensteine in der Entwicklungshistorie im Bereich SAP Analytics an, stellt man fest, dass man Dank der Durchbrüche im Bereich KI an einem Punkt angelangt ist, an dem die Menschen getriebene Analytik durch Maschinen getriebene Analytik ergänzt wird. Der Anwender ist nicht mehr darauf angewiesen, die Daten mühsam allein nach Zusammenhängen zu durchforsten, einen Data-Scientist mit der Erstellung mathematische hoch komplexer Prognose- und Forecastmodelle zu beauftragen und im Anschluss daran die Ergebnisse ansprechend aufzubereiten. Vielmehr bekommt er jetzt Unterstützung durch die KI der SAC, die ihm ohne großen Vorbereitungsaufwand zusätzliche Einsichten in die Daten bereitstellt und ihn bei der Aufbereitung der Daten und der Entscheidungsfindung unterstützt.

Entwicklung hin zu Augmented Analytics

Just Ask über die Forecast- und Prognosefunktionen im Bereich der sogenannten Predictive Analytics bis hin zu Handlungsempfehlungen für die Zukunft, die unter dem Begriff Prescriptive Analytics zusammengefasst werden können.

Kurzum: Augmented Analytics verknüpft die traditionellen analytische Vorgehensweisen mit den Möglichkeiten parametrisierbarer generativer KI-Modelle. Die Funktionen der SAP S/4HANA Cloud Vector Engine können dabei die die Leistungsfähigkeit großer Sprachmodelle mit den relevanten Unternehmensdaten kombinieren und gewährleisten, dass in den Ergebnissen der generativer KI der Geschäftskontext des Kunden erhalten bleibt. Die Vector Engine ist in der Lage, Zusammenhänge in den mehrdimensionalen Unternehmensdaten durch für diesen Zweck optimierte Algorithmen und Vektoroperationen zu ermitteln.

Ein Bild, dass einem hilft, diesen Zusammenhang besser zu verstehen ist, sich das Large Language Model (LLM) mit der generativen KI als einen intelligenten Kollegen vorzustellen, mit dem man sich gut unterhalten und mit dem man prima diskutieren kann. Vielleicht kann der Kollege auch gut programmieren, aber er weiß nichts über die internen Unternehmensprozesse und Unternehmensdaten und außerdem vergisst er nach jeder Unterhaltung die diskutierten Inhalte. Als Assistent ist so ein LLM allein nur begrenzt von Nutzen. Das LLM kann nur mit den Trainingsdaten arbeiten, mit denen es geschult wurde. Die Vector Engine kann dabei helfen den Unternehmenskontext (Prozesse und Daten) bereitzustellen und das LLM mit allen notwendigen Daten des betrieblichen Kontexts zu versorgen. Dieser Prozess wird auch als „Retrieval-Augmented Generation“ (RAG) bezeichnet.

Eine KI Toolbox im Umbruch: Wohin geht die Reise?

Aktuell überarbeitet und konsolidiert die SAP ihre KI basierten Funktionen in der SAC mit Hochdruck. Der neu definierte Entwicklungsfokus und -umfang berücksichtigt dabei sowohl die Kundenakzeptanz bestehender Funktionalitäten als auch allgemeine analytischer Trends am Markt.

Einige Funktionen wie Smart Insights, Smart Grouping, automatisiertes Forecasting in den Grafikkomponenten der Stories und Smart Discovery funktionieren derzeit nur im „klassischen“ Story-Design Modus. Der klassische Design Modus ist allerdings abgekündigt und wird innerhalb der nächsten SAC-Releases verschwinden. Somit entfallen diese smarten Funktionalitäten in der aktuell bekannten Form. Das gleiche Schicksal teilt nach einer gewissen Übergangsphase auch der Search to Insights Chatbot von SAP.

Wir werden sehen ob und in welcher gegebenenfalls neuen Form diese abgekündigten Funktionalitäten in Zukunft im „Optimized Design Experience“ Modus im Zuge der Story Erstellung vielleicht doch wieder auftauchen. Unter dem Suchbegriff „Informationen zu Einschränkungen für optimiertes Story-Erlebnis“ können Sie sich hinsichtlich dieser Thematik im SAP Help Portal näher informieren.

Wir wollen uns im Folgenden auf die, unserer Meinung nach, bei SAP strategisch gesetzten KI-Funktionalitäten fokussieren. Namentlich werden wir uns in diesem Blogbeitrag der zweiteiligen Serie zum Thema Augmented Analytics mit dem funktionellen Nachfolger von Search to Insight und dem Chatbot Just Ask beschäftigen. Im zweiten Blogbeitrag werden wir dann auf die Smart Predict Funktionen: Zeitreihen Prognose (Time Series Forecast), Klassifikation (Classification) und Regression näher eingehen.

Just Ask, der Chatbot

Bei Just Ask handelt es sich um den seit dem ersten Quartal 2024 in die SAC integrierten Sprachassistenten, mit dem Sie schnell und effizient in natürlicher Sprache (NLQ „Natural Language Querying“) kommunizieren können. Der Chatbot kann direkt über die SAC-Startseite aufgerufen werden.

Die KI hinter dem Chatbot durchsucht Ihre Daten in den von Ihnen freigegebenen Datenmodellen, im Anschluss an die Eingabe Ihrer Frage, nach dem gewünschten Ergebnis. Dabei formulieren Sie Ihre Frage in dem dafür vorgesehenen Eingabeprompt in englischer Sprache. Im SAP Roadmap Explorer kann man nachlesen, dass geplant ist, im ersten Quartal 2025 die Abfragen auch in deutscher, französischer, italienischer oder spanischer Sprache vornehmen zu können. Just Ask liefert das Ergebnis auf Wunsch in tabellarischer oder grafischer Form. In der Tabelle oder der Grafik können Sie auf Wunsch einen weiteren Drilldown in den Aufrissmerkmalen vornehmen, die Elemente sortieren oder ein Ranking vornehmen. Außerdem können Sie auf Wunsch per Copy-and-Paste in eine Story eingefügt werden.

Just Ask Chatbot
Ausschnitt des Just Ask Chatbots

Formulieren Sie Ihre Frage einfach, in dem Sie die Ihnen vertrauten fachlichen Begrifflichkeiten verwenden, die sich in den Merkmalen, Merkmalswerten und Kennzahlen der zu Grunde liegenden Datenmodelle wiederfinden.

„Show me Sales by Country“, „Show me Return on Assets and Return on Equity by Quarter“, “Sales revenue by business area and by customer group as stacked hart by years” oder “Quantity Sold Gross Margin for Year 2016 on Monthly Level and Material Group Dark Beer as Time Series Chart” (wie oben im Screenshot gezeigt) sind typische Beispiele für eine solche Abfrage.

Anhand dieser Beispiele ist zu sehen, dass in einer Abfrage auch mehrere beliebige Merkmale und Kennzahlen kombiniert, die zeitliche Granularität beliebig gewählt und auf Wunsch der Default Grafiktyp, den die KI initial auswählt, bewusst abgeändert werden kann.

Bei der Formulierung Ihrer Frage werden Sie durch eine eingebaute Auto-Complete Funktion und eine Fuzzy-Matching Logik unterstützt. Außerdem können Sie, wenn sich bestimmte Fragen im Zeitablauf wiederholen, sogenannte Sample Questions (vor) definieren und diese anstatt einer erneuten manuellen Eingabe auswählen, um bei der Eingabe nochmals Zeit zu sparen.

Unter dem Punkt „Manage Models“ könnten die SAC-Administratoren diejenigen Modelle auswählen, die als Datenquelle für den Just Ask Chatbot von den Anwendern prinzipiell verwendet werden dürfen. Man spricht in diesem Kontext von der Indexierung des Datenmodells. Dabei kann Just Ask sowohl auf die Datenmodelle der SAC als auch auf die Datenmodelle der SAP Datasphere, die ebenso nahtlos integriert werden können, zugreifen.

Die Administratoren können, falls notwendig, die Akzeptanz und Benutzerfreundlichkeit an dieser Stelle aktiv verbessern in dem sie geeignete, von ihrer Datenstruktur maßgeschneiderte Datenmodelle verwenden oder durch die Definition von (zusätzlichen) Synonymen für bestimmte, im Unternehmen verwendete betriebswirtschaftliche Begriffe, eine flexiblere Eingabe gestatten. So könnte man beispielsweise für das im Datenmodell verwendete technische Merkmal Department die im Fachbereich gebräuchlichere Bezeichnung Business Area als Synonym hinterlegen. Des Weiteren lassen sich Regeln definieren, die bei einer Nutzerabfrage automatisch vom System ausgeführt werden.

Just Ask Chatbot: Einrichten & Testen von Regeln

Eine Regel hat folgenden Aufbau: (1) Regelname, (2) Eine Bedingung, wann die Regel auszuführen ist und (3) die durchzuführende Aktion. Eine solche Regel könnte z.B. wie folgt lauten: Wenn die Prompteingabe den Begriff, bzw. die Kennzahl „Quantity Sold“ enthält, soll das Ergebnis automatisch (ohne, dass es im Prompt explizit gefordert wird) nach dem Merkmal „Store“ aufgerissen, und das Ergebnis nach „Quantity Sold“ absteigend sortiert werden:

Einige wichtige Use Cases des Just Ask Chatbots:

  • Informationen, die in der gewünschten Form noch nicht in einem Bericht zugänglich gemacht worden sind oder bei denen unbekannt ist, in welchem Bericht sie zu finden sind, können einfach adhoc mittels Chatbots abgefragt werden.
  • Die IT (und auch die Fachabteilung selbst) wird im Zuge der rasant ansteigenden Informationsnachfrage entlastet, da die User nun eigenständig ohne die Hilfe der IT oder der Notwendigkeit einen neuen Bericht zu bauen, auf einfache Art und Weise Zugang zur gewünschten Information bekommen.
  • Falls gewünscht erhält auch ein User mit limitiertem Berichtszugriff mit diesem Tool Zugang zu der für ihn relevanten Information.

Just Ask – die Entwicklung geht weiter

SAP investiert massiv in die Weiterentwicklung des Just Ask Chatbots in der SAC und in das Pendant Joule Wim Umfeld der operativen Geschäftsprozesse und Anwendungen der Business Technology Platform (BTP). Die große Fülle von Möglichkeiten, die sich mit einem solchen Assistenten zukünftig ergeben liegen auf der Hand und lassen sich aus der Product Vision der SAP ableiten. So soll der KI-Assistent zukünftig nicht nur, wie oben beschrieben bei der adhoc Suche nach Informationen in den Datenmodellen der SAC und der SAP Datasphere behilflich sein. Vielmehr soll er die Anwender in Form eines „always-on“ Assistenten zusätzlich sowohl bei der Erstellung bzw. Erweiterung einfacher Stories als auch komplexer, Java-Script basierter Applikationen unterstützen.

Außerdem sollen zukünftig neue, den Anwender entlastende Workflow Prozesse auf Basis generativer KI aufgebaut werden, die z.B. bei der Modellierung, Datenanalyse, der Gewinnung zusätzlicher Einsichten in die Daten, aber auch im Bereich Planung, Simulation und Prediction unterstützen und selbstständig Aufgaben in diesem Umfeld übernehmen. Lt. Matthias Kraemer (Senior Vice President, Head of SAP HANA Database und Analytics – Planning and Analytics bei der SAP) ist das Ziel:

… die Integration generativer KI in jeden wichtigen Workflow der SAC voranzutreiben…

Matthias Kraemer (SAP)

Für einen großen Teil der Workflows soll das bereits bis Ende 2024 bewerkstelligt worden sein. Unter welchem Branding diese zukünftigen Funktionen gemeinsam mit den bestehenden Just Ask Funktionen firmieren werden, ist noch nicht klar ersichtlich. Es sieht allerdings so aus, als wäre Joule das zukünftige UI in allen SAP Cloud Anwendungen, also auch im SAC Umfeld. In diesem Fall laufen die Just Ask Funktionen im Hintergrund und bilden die technische Basis.

Folgende Previews Folie der SAP vermitteln einen Eindruck, wohin die Reise geht:

Lab Preview der SAP

Sie interessieren sich für die Möglichkeiten KI in die operativen Geschäftsprozesse der SAP Cloud Plattformen einzubeziehen? Dann lesen Sie unseren Blogbeitrag zum Thema Embedded AI, Joule & AI Foundation.

Augmented Analytics short break – aber das war noch nicht alles!

Nachdem wir nun in die Augmented Analytics Welt eingetaucht sind und Sie erfahren haben, was es mit dem Just Ask Chatbot auf sich hat, geht es im zweiten Teil dieser Blogserie, darum Ihnen die Möglichkeiten aufzuzeigen, die der Einsatz der Prognoseszenarien Regression, Klassifikation und Zeitreihenanalyse im Umfeld von Smart Predict in der SAC bieten. Danach haben Sie ein gutes Grundverständnis für das Transformationspotential, das Ihnen durch Augmented Analytics geboten wird: Stay tuned!

AUTOR
Dirk Burgdörfer, ORBIS SE
AUTOR Dirk Burgdörfer Competence Center Manager von SAP Business Analytics, ORBIS SE
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