Klassische Geschäftssoftware wie ERP oder CRM werden mit eigenen Entwicklungsumgebungen ausgeliefert, sodass Erweiterungen dort in der Regel von IT-Experten durchgeführt werden. Mit dem immer wichtiger werdenden Clean-Core-Ansatz der SAP, also einem möglichst unverändertem SAP-Kern, wird Geschäftssoftware immer offener für Side-by-Side-Entwicklungen, die die wesentliche Software nicht modifiziert, sondern um Erweiterungen ergänzt. Neben den klassischen Side-by-Side-Tools wie das SAP Cloud Application Programming Model (CAP) sind seit einiger Zeit innerhalb der SAP Business Technology Plattform (SAP BTP) auch Low-Code/No-Code-Tools verfügbar. Diese ermöglichen es auch Mitarbeitenden aus Fachabteilungen ohne fortgeschrittene IT-Kenntnisse, Anwendungen zum großen Teil selbst zu entwickeln, Prozesse zu gestalten und digitale Arbeitsbereiche zu erstellen.Durch die engere Zusammenarbeit von Fachabteilungen, der zentralen IT und Dienstleistern können so kürzere Entwicklungszeiten und eine höhere Zufriedenheit mit der entwickelten Lösung erreicht werden.
Ein solches Tool stellt SAP Build dar. Inwiefern dieses Side-by-Side-Tool Ihr Unternehmen bereichert, wird im folgenden Beitrag dargestellt.
SAP Build als Side-by-Side Tool für Entwicklung & Automatisierung
Die Nutzung echter Cloud-Technologien, die auf Hyperscalern basieren und somit skalierbar sind, bedeutet einen Paradigmenwechsel für die technischen Erweiterungsmöglichkeiten von Geschäftssoftware. Beispielsweise basiert die neueste Version der SAP Sales und Service Cloud Version 2 genau auf solch einer Cloud-Technologie, sodass hier keine eigene Entwicklungsumgebung enthalten ist, sondern ein API-first-Ansatz verfolgt wird, der alle benötigten Informationen über Schnittstellen bereitstellt. Diese Schnittstellen ermöglichen es, die Standardlösung durcheinenSide-by-Side-Ansatzzu erweiternund damit den Kern des Systems unverändert zu lassen. Dieser Clean-Core-Ansatzsichert u.a.die Updatefähigkeit des Systems und die Beibehaltung der Performance.
Auch für Erweiterungen klassischer Software wie der ersten Version der SAP Sales und Service Cloud (C4C) oder SAP S/4 HANA sind Side-by-Side Erweiterungen eine alternative Option, um Kernprozesse nicht zu beinträchtigen.
Hier kommt SAP Build als Side-by-Side-Tool ins Spiel und bietet einerseits die Low-Code-Entwicklungsumgebung SAP Build Apps (ehemals AppGyver) und andererseits die Pro-Code-Entwicklungsumgebung SAP Build Code, die je nach Anforderung die passende Umgebung für (1) Anwendungsentwicklung bereitstellen. Außerdem können (2) Automatisierungen ebenfalls direkt in SAP Build mit SAP Build Process Automation modelliert werden. SAP Build bietet neben der Anwendungsentwicklung und Automatisierung mit SAP Build Work Zone noch die Erstellung von (3) digitalen Arbeitsbereichen an, die zusammen die drei Säulen von SAP Build bilden. In SAP Build Work Zone können personalisierte Startseiten und Dashboards erstellt werden, die Mitarbeitenden den zentralen Zugriff auf Informationen und Apps ermöglichen.
Die SAP verfolgt mit ihrem Business-AI-Ansatz die Einbindung von künstlicher Intelligenz in Geschäftsprozesse, so auch in SAP Build, wo Joule, der KI-Assistent von SAP, bei der Entwicklung von Anwendungen unterstützt. Außerdem sind in SAP Build vorgefertigte Lösungen für verschiedene Geschäftsbereiche wie Supply Chain und Customer Experience enthalten, sodass die gemeinsame Arbeit des Fusion Teams, bestehend aus IT-Experten und Fachanwendern, gefördert und beschleunigt wird.
Die untenstehende Grafik verdeutlicht diese drei Komponenten der Fusion Team Entwicklung mit App-Entwicklung und Erweiterungen, Automatisierungen und digitalen Arbeitsbereichen zusammen mit der KI-Unterstützung durch Joule und weiteren vorgefertigten Lösungen für verschiedene Geschäftsbereiche.
SAP Build Apps – Die Low-Code-Entwicklungsumgebung mit Drag & Drop
Die Forderung nach Anwendungen oder Automatisierungen stammt häufig aus den Fachabteilungen, Unternehmen stehen jedoch nicht selten vor der Herausforderung, dass IT-Ressourcen knapp sind. Die Folge: Projekte müssen aufgeschoben bzw. können gar nicht erst realisiert werden.
Eine Alternative ist die Nutzung von Low-Code-Tools, die die Abhängigkeit von IT-Ressourcen verringern, indem Teile einer App-Entwicklung vom Fachbereich selbst übernommen werden. Der SAP BTP Service SAP Build Apps eignet sich für diesen Fall sehr gut, da er durch Drag & Drop eine einfache Handhabung bietet. In SAP Build Apps gibt es viele Möglichkeiten, um Benutzeroberflächen einer App zu gestalten. Es können diverse Komponenten, von einfachen Buttons bis hin zu Dropdown-Feldern und Listen, direkt genutzt werden. Bei Bedarf können zusätzliche Komponenten wie Balkendiagramme oder Kartenansichten aus dem Marketplace zum Projekt hinzugefügt werden. Darüber hinaus bietet SAP Build einen Formeleditor, der beispielsweise für mathematische Berechnungen oder Textkombinationen genutzt werden kann. Der Formeleditor kann zudem für die Programmierung von klassischen Bedingungen eingesetzt werden.
Für eine komplexere Logik erweitert SAP Build Apps die Low-Code-Umgebung um JavaScript-Entwicklung und ermöglicht so echte Programmierung. Diese Kombination ist ideal für Fusion Development: IT-Experten arbeiten Hand in Hand und ohne Reibungsverluste mit sogenannten Citizen Developern zusammen, also IT-affinen Personen mit Prozess-Know-how aus den Fachabteilungen. Das bringt den Vorteil, dass Citizen Developer aus den Fachabteilungen bis zu einem gewissen Grad eine App selbst erstellen können. Bei anspruchsvolleren Themen und der Integration von Daten aus anderen Systemen können diese durch die IT-Abteilung unterstützt werden. Die SAP BTP bietet hierfür Destinationen an, die zentral eingerichtet und dann in SAP Build Apps-Projekten mit wenigen Klicks direkt genutzt werden können. SAP Build Apps bietet auch ein eigenes Backend (Visual Cloud Functions) an, das anwendungs-spezifische Daten speichern und verarbeiten kann.
Ein weiterer großer Vorteil von SAP Build ist, dass es als Service auf der SAP BTP läuft, die neben den bereits genannten Destinationen zur einfachen Integration noch weitere Services bereitstellt. So gibt es zum Beispiel den Service SAP Forms by Adobe, der PDF-Dokumente erstellt oder den Dokumentenmanagement Service, auf dem größere Dateien abgelegt werden können.
SAP Build Code – Die Pro-Code-Entwicklungsumgebung
Natürlich eignet sich nicht jede Anwendung für eine Low-Code/No-Code-Umsetzung, beispielsweise dann, wenn eine höhere Flexibilität bezüglich der genutzten UI-Komponenten benötigt wird oder komplexere Logik implementiert werden muss. Für solche Fälle kann eine klassische Umsetzung mittels des SAP CAP Models eine Alternative sein.
Während die App-Entwicklung in SAP Build zu Beginn nur aus der Low-Code-Lösung SAP Build Apps bestand, kamen nach und nach SAP Build Code und ABAP Cloud hinzu, die auch klassische SAP-CAP-Entwicklung bzw. Side-by-Side-Entwicklung mit ABAP in SAP Build ermöglichen. So können sämtliche Projekte aus der SAP Build Lobby zentral aufgerufen und überwacht werden. In SAP Build Code ist Joule, der KI-Assistent von SAP, integriert, welcher mithilfe einfacher Prompts das benötigte Datenmodell, die dazugehörigen Services und die benötigten Skripte zusammenstellen und damit die App-Entwicklung deutlich beschleunigen kann. SAP Build Code kann auch für die Erstellung des Backends einer SAP-Build-Apps-Anwendung genutzt werden.
SAP Build Process Automation – Prozesse automatisieren und visualisieren
In eigens entwickelten Anwendungen werden häufig individuelle Unternehmensprozesse ausgelöst. Beispiele sind Genehmigungsprozesse, die den zuständigen Personen zugewiesen werden müssen, oder automatische Benachrichtigungen und E-Mails an alle am Prozess Beteiligten.
SAP Build Process Automation, hervorgegangen aus SAP Workflow Management und SAP Intelligent Robotic Process Automation (SAP iRPA), bietet die Möglichkeit, diese Prozesse zu steuern und visuell darzustellen. Prozesse sind auf einen Blick verständlich dargestellt und können per Drag & Drop angepasst werden.
Der Startpunkt eines Prozesses kann dabei unterschiedlich sein. Mal wird ein Prozess durch die Übermittlung eines Formulars angestoßen, mal sind es Ereignisse in anderen Systemen wie z. B. der SAP Sales und Service Cloud, die dann Folgeprozesse in SAP Build Process Automation auslösen. SAP Build Process Automation bietet hierbei diverse Konnektoren, die innerhalb einer Automation genutzt werden können. Zu den Konnektoren gehören beispielsweise Aktionen wie die Anlage eines Geschäftspartners in SAP S/4HANA oder die Erstellung von Aufgaben in der SAP Sales Cloud. Diese Aktionen werden direkt von SAP Build Process Automation bereitgestellt, es können aber auch eigene Aktionen definiert werden.
Wie in SAP Build Apps besteht auch hier die Möglichkeit, auf Skripte zurückzugreifen, wenn die Prozessschritte anspruchsvoller werden. Mit SAP Build Process Automation können sogar Agenten (Bots) erstellt werden, die dann nach lokaler Installation automatische Arbeitsschritte wahlweise mit oder ohne Nutzerinteraktion durchführen können.
SAP Build Process Automation kann zudem genutzt werden, um regelmäßige Aufgaben durchzuführen. Klassische Beispiele sind die Überprüfung von Kennzahlen und die Einleitung von Aufgaben, sofern diese nicht erfüllt sind.
SAP Build Work Zone – Digitale Arbeitsbereiche schaffen
Die mit SAP Build erstellten Anwendungen sind häufig direkt in Geschäftsanwendungen eingebettet, meist in Form von Mashups, die durch einen Klick auf einen Link oder in eigenen Tabs angezeigt werden. Oft besteht jedoch die Anforderung, verschiedene Apps an einem zentralen Ort für Mitarbeitende verfügbar zu machen. Hierfür bietet SAP Build Work Zone eine ideale Plattform, die neben den beiden Säulen der Anwendungsentwicklung und Automatisierung die dritte Säule für die Erstellung digitaler Arbeitsbereiche bildet. So können wichtige Informationen und Zugriffe auf interne und externe Apps über einen zentralen Einstiegspunkt bereitgestellt werden. Der digitale Arbeitsbereich kann, ähnlich wie eine Webseite, aus mehreren Seiten und Abschnitten bestehen und diverse Inhalte wie klassische Fiori-Apps, SAP-Build-Apps und Kacheln enthalten. Die Mitarbeitenden haben eine auf ihre Rolle zugeschnittene Sicht auf relevante Inhalte an einem einzigen Ort. SAP Build Work Zone kann auch als Startpunkt für die Übermittlung von Formularen aus SAP Build Process Automation dienen, die dann Prozesse wie die Erstellung eines Geschäftspartners einleiten.
Fazit: Mit SAP Build einfach Apps erstellen und Prozesse gestalten
Egal ob aus dem Fachbereich oder aus der IT: SAP Build bietet einen zentralen Ausgangspunkt für alle, die Standardsoftware erweitern oder neue Anwendungen erstellen wollen. Der Gedanke des Fusion Developments, des gemeinsamen Arbeitens von IT-Experten und Citizen Developern mit Prozess-Know-how, kommt in SAP Build vollständig zur Geltung. IT und Fachbereich haben natürlich schon immer gemeinsam an IT-Projekten gearbeitet, jedoch hebt SAP Build diese Art der Zusammenarbeit auf ein neues Niveau, so dass Details schneller erarbeitet und gemeinsam umgesetzt werden können. Mit Low-Code können die meisten Anforderungen erfüllt werden, so dass Fachabteilungen die Entwicklung von Prototypen selbstständig übernehmen können. Auf diese Art können IT-Ressourcen geschont und gezielter eingesetzt werden. Wenn die Low-Code-Tools doch nicht ausreichen sollten, so bietet SAP Build auch Pro-Code-Tools, um Side-by-Side-Erweiterungen zu entwickeln.
Dieser Side-by-Side-Ansatz findet sich auch in der Automatisierung von Prozessen wieder und bietet neue Möglichkeiten, lösungsübergreifende Prozesse zu automatisieren. So kann zum Beispiel ein in der SAP Sales und Service Cloud vom Außendienst angestoßener Prozess durch die SAP Build Process Automation an die zuständige Person aus dem Innendienst geleitet werden und eine gemeinsame Bearbeitung ermöglichen.
SAP Build Work Zone unterstützt diese gemeinsame Arbeit, indem sie beispielsweise offene Aufgaben im digitalen Arbeitsbereich anzeigt. Bei neuen Informationen, Apps und Prozessen können die in SAP Build Work Zone erstellten Seiten schnell angepasst und damit aktuell gehalten werden.
Sie wollen mehr über SAP Build innerhalb der SAP BTP erfahren oder sich sogar konkrete Beispiele erfolgreicher ORBIS Side-by-Side-Erweiterungen anschauen?