Was ich beim Thema Sales & Operations Planning (S&OP) nicht verstehe …
Ich bin seit rund 30 Jahren in der SAP-Beratung tätig und beschäftige mich intensiv mit dem Thema Bedarfsplanung sowie der Produktionsplanung und -steuerung. Bei den Planungsthemen treffe ich immer wieder auf Unternehmen, die den grundlegenden Zusammenhängen wenig bis keine Beachtung schenken. Dazu gehören große und kleine, bekannte und unbekannte Unternehmen aus allen Branchen.
Lassen Sie mich dazu eine kleine Geschichte erzählen:
Peter kommt jeden Abend nach getaner Arbeit hungrig nach Hause. Er hat tagsüber schon reichlich Appetit auf sein Lieblingsessen entwickelt, öffnet mit Vorfreude den Kühlschrank, findet aber nur einen Bruchteil der benötigten Zutaten vor. Es folgt ein kurzer Abstecher zur Tankstelle und nach der notgedrungenen Anpassung der kulinarischen Erwartungen gibt es ein halbwegs genießbares Fertiggericht. Die Leibspeise muss warten. Das Szenario wiederholt sich regelmäßig.
Was würden Sie Peter empfehlen? Ganz klar:
- Mach Dir doch mal Gedanken über den Speiseplan der kommenden Tage (Vorplanung).
- Ermittle die Zutaten (Stücklistenauflösung).
- Gleiche die Bedarfsmengen mit der Vorratskammer ab (Nettobedarfsrechnung). Dann gehe einkaufen.
- Profis kochen die Kartoffeln in größeren Mengen am Vortag vor (Baugruppenfertigung).
- Bei Bedarfsspitzen z. B. wegen der bevorstehenden Geburtstagsfeier werden Vorräte aufgestockt (Produktionsgrobplanung).
- Notfalls gehst du zum Caterer und bestellst Essen (alternatives Sourcing).
So geht es nicht nur Peter: Jeder, der seine Füße nicht mehr unter den elterlichen Tisch stellt, dürfte im Rahmen seiner privaten Supply Chain nach diesen Prinzipien verfahren.
Keine Leibspeise ohne Vorplanung
Was ich also nicht verstehe: Der gesunde Menschenverstand lässt keine gleichwertige Alternative zur Vorplanung zu. Daher ist es mir unklar, warum im Unternehmenskontext oft angenommen wird, dass hier andere Gesetze gelten. Wie kann man erwarten, dass Teile, die man nicht an jeder Ecke bekommt (Tankstelle) sich bei Auftragseingang (Hunger) blitzartig im Lager (Kühlschrank) materialisieren? Wie sollen Produktionsmengen geglättet werden und Kapazitäten proaktiv gesteuert werden (Caterer)? Wie schafft man es, nicht jede Kartoffel einzeln zu kochen (Baugruppenvorfertigung) und die Zubereitung zwischen Feierabend und Tagesschau hinzubekommen (Durchlaufzeitreduktion), auch wenn man mal Lust auf etwas anderes als Tiefkühlpizza von der Tankstelle hat?
In meinem beruflichen Alltag werde ich oft gefragt, warum die Dispositionsfunktionen im MRP (Materialbedarfsplanung) untaugliche Beschaffungsvorschläge machen, wie man Fehlteile in der Produktion in den Griff bekommt und wie andere es schaffen, ihre Produkte in zumutbarer Zeit zu liefern, nachdem sie zuvor verlässliche Liefertermine bestimmt haben. Und so weiter.
Was ist nun die Moral der Geschichte?
Der Schlüssel zur effizienten Steuerung der Supply Chain im Unternehmenskontext ist derselbe wie daheim – Vorplanung. Ebenfalls wie zu Hause macht es Sinn, die Vorplanung inhaltlich zu optimieren, in dem man alle Beteiligten in die Planung einbezieht und den Plan rollierend überarbeitet. Zusätzlich sollte man sich Gedanken über Kapazitäten und Lead Times machen. Man nennt diese Form der Vorplanung nicht umsonst „Konsensbasierte Sales & Operations Planung„.
Natürlich ist Vorplanung immer nur eine Annahme nach bestem Wissen und Gewissen und wie zu Hause wird auch mal etwas schlecht oder muss eingefroren werden. Um das auf ein Mindestmaß zu reduzieren, gilt es die Planungsqualität zu optimieren und auf eine professionelle Basis zu stellen. Solange ein Unternehmen kein Monopol hat, gibt es keine andere Option und die schnellen und effizienten Marktteilnehmer werden diejenigen mit dem auf Biegen und Brechen niedrig gehaltenen Lagerbestand schlagen. Auch wieder genauso, wie in Ihrer privaten Supply Chain …
Im Unternehmenskontext geht es also um die Einführung einer rollierenden Sales & Operations-Planung. Der aktuelle Lösungsraum im SAP-Umfeld besteht aus SAP Integrated Business Planning (SAP IBP). Die relevanten Funktionen sind schnell realisierbarund kostengünstig. Da IBP ein cloudbasiertes Tool ist, kommt es ohne nennenswerten Impact auf die unternehmensinterne IT aus und es kann nach und nach im laufenden Betrieb ausdetailliert sowie um weitere Funktionen ergänzt werden – mit steigendem Know-How der Key-User auch in Eigenleistung.