Pride bei ORBIS

HR Themen im ORBIS Blog

Der Monat Juni hat sich weltweit als Pride Month etabliert. Man verbindet ihn vor allem mit bunten Regenbogenflaggen und Paraden. Dabei verbirgt sich dahinter viel mehr als das Feiern der sexuellen Identität. Der Juni soll Awareness für die immer noch stattfindende Diskriminierung schaffen und zu einer längst benötigten Gleichstellung führen.

Der Pride Month im Juni geht auf ein Ereignis vor über 50 Jahren in den USA zurück. Damals wurde noch mit Polizeigewalt gegen Anhänger:innen der LGBTQIA+ Community vorgegangen. Am 28. Juni 1969 wehrten sich die Besucher:innen einer Bar in der Christopher Street in New York gegen die Diskriminierung und begannen so mit dem aktiven Widerstand. Seitdem hat sich bereits viel getan und auch immer mehr Unternehmen haben die Wichtigkeit des Themas im Arbeitsalltag erkannt.

Gerade die Vielfalt macht uns als Unternehmen stärker. Deshalb freut es uns umso mehr, wenn wir unsere Kolleg:innen auf ihrem Weg zu mehr Offenheit unterstützen können.

Ein Interview zum weltweiten Pride Month

Flora, Senior HR Marketing Managerin bei der ORBIS SE, hat mit Selina über ihr Coming-Out am Arbeitsplatz gesprochen und darüber, was wir und andere Unternehmen besser machen können.

Was bedeutet Pride für Dich?

Pride ist für mich ein Teil meines Selbstwertgefühls in Bezug auf den Umgang mit meiner eigenen sexuellen Identität. Die eigene Identität zu finden, anzunehmen und auch zu leben sind drei für sich sehr große Herausforderungen. Diesen stelle ich mich auch heute noch, um mich zu entwickeln, befreit zu leben und ich selbst sein zu können. Dabei ist es für mich nicht wichtig alle drei Punkte zu jeder Zeit mit einer klaren Antwort versehen zu können. Ich muss für mich nicht immer wissen, was/wie ich bin. Mir reicht es für mich schon zu wissen, was/wie ich nicht bin. Das bringt mich nämlich ein großes Stück näher zu dem, was ich sein könnte.

Um dann aber ich selbst zu sein und auch befreit zu leben, muss ich mich und meine Sexualität annehmen. Mich selbst zu finden, meine Orientierung zu erkennen und mich so anzunehmen, war ein langer Prozess von ca. 8 Jahren, mit vielen Höhen und Tiefen. Über diese Zeit, vor allem aber in den letzten 2-3 Jahren habe ich dadurch an Selbstbewusstsein gewonnen, sowie gelernt, mich selbst wertzuschätzen und zu mir zu stehen. Dieses Gefühl verbinde ich für mich persönlich mit Pride.

Pride Month bei ORBIS

Wo stehen für Dich die Gesellschaft und die Arbeitgeber aktuell im Hinblick auf LGBTQIA+-Gleichstellung?

Auch wenn Deutschland so tolerant und offen scheint und manche Orte dies auch sind, gibt es trotz dessen noch immer Diskriminierungs- und Gewaltverbrechen gegenüber der LGBTQIA+-Community.

So wurden Ergebnisse einer Befragung aus dem Jahr 2019 veröffentlicht, bei welcher 16.000 queere Personen aus Deutschland teilnahmen. 36 % der Befragten gaben an, dass sie in den letzten 5 Jahren Erfahrungen mit körperlichen oder sexuellen Übergriffen gemacht haben, welche in Verbindung mit ihrer sexuellen oder geschlechtlichen Identität standen (Quelle: A long way to go for LGBTI equality, FRA).
Tatsächlich werden, statistisch gesehen, jeden Tag zwei queerfeindliche Übergriffe gemeldet, wobei das Bundesinnenministerium selbst angibt, dass die Dunkelziffer sehr hoch sein dürfte (Quelle: Wie sicher sind LGBTQ-Menschen in Deutschland? 08.09.2022, Deutsche Welle).

Nicht nur Homophobie ist ein Thema. Am 17. Mai, dem Internationalen Tag gegen Homo-, Bi-, Inter- und Transphobie (IDAHOBIT), erinnern Menschen rund um den Erdball mit vielfältigen Aktionen an den 17.05.1990, den Tag, an dem Homosexualität aus dem Diagnoseschlüssel ICD-10 der Weltgesundheitsorganisation (WHO) gestrichen wurde. Seitdem gilt sie offiziell nicht mehr als Krankheit. Erst im Juni 2018 wurde Transsexualität als psychische Krankheit gestrichen (Quelle: Aktionstag 17. Mai: Was er für die LGBT-Community bedeutet, rnd). Die Ehe für alle ist 2017, eingeführt worden und die bereits in Belgien durchgeführte Segnung für homosexuelle Paare soll spätestens ab März 2026, erwirkt werden (Quelle: Homosexuelle Paare sollen Segen erhalten, Tagesschau.

Gesellschaftlich und politisch gehen wir endlich in die richtige Richtung, wenn auch nur sehr langsam. Trotz dessen ist jede Form von Hasskriminalität, jeder Übergriff einer zu viel. Es macht mich traurig und teilweise auch ängstlich zu wissen, dass diese Gewaltbereitschaft und der Hass noch immer in manchen Köpfen herrschen. Ich persönlich bin froh, bislang noch keine Gewalt oder Diskriminierung erfahren zu haben. Deutschland ist schon sehr tolerant, verglichen zu anderen Ländern, trotzdem passieren auch hier noch viel zu viele Gewalttaten gegen die LGBTQIA+-Community.

Das generelle Bild der Gesellschaft zieht sich meiner Meinung nach auch durch die deutsche Unternehmenslandschaft. Hier gibt es Unternehmen wie z. B. Microsoft die mit dem Thema vorbildlich umgehen. Microsoft propagiert im Gegensatz zu anderen nicht nur den offenen Umgang mit der queeren Community, sondern hat einige interne Gremien zu dem Thema gegründet und bietet damit eine Plattform für den Austausch. Jeder kann sich in diesen Gremien engagieren und Themen voranbringen. Darüber hinaus veranstaltet Microsoft Events für Partnerunternehmen, an denen wir teilnehmen, auf denen sie die wichtigsten Findings teilen und andere dazu ermutigen, das Thema anzugehen.

Auf der anderen Seite gibt es nach wie vor viele Unternehmen, für die das Thema sexuelle Orientierung keinen Platz im Arbeitskontext hat, gerade wenn sie nicht heteronormativ ist. Die Menschen, die privat gegen die Community sind, tragen das auch auf der Arbeit nach außen. Im schlimmsten Fall sind sie in hohen Positionen und verhindern so die Entwicklung des gesamten Unternehmens. Und dann gibt es da noch die Unternehmen, die das Thema nach außen hin mit bunten Logos zelebrieren, weil es modern wirkt, es aber nicht in ihrer Unternehmenskultur verankert haben.

Was muss sich Deiner Meinung nach ändern?

Mir erscheint es im Grunde relativ simpel: Mehr Akzeptanz, Toleranz und Respekt den Menschen gegenüber, egal mit welcher Weltanschauung, Nationalität, Geschlecht, Alter, sozialer Herkunft oder sexuellen Orientierung. Und vor allem: Weniger Gewalt, wenn nicht sogar keine. Allerdings weiß ich auch, dass das ein sehr optimistischer Gedanke ist. Trotzdem höre ich nicht auf daran zu glauben und hoffe, dass sich die Gesellschaft weiterentwickelt in Richtung absolute Offenheit, Toleranz, Gleichgerechtigkeit und Gleichstellung.

Inwiefern unterstützt ORBIS bei dem Thema Pride?

Bei ORBIS hat jeder ein offenes Ohr für persönliche Themen. Ich konnte mit meinen Kolleg:innen jederzeit über das Thema sprechen und um Rat fragen. Es ist allen sehr wichtig, den Mensch so zu nehmen, wie er ist und in seiner privaten sowie beruflichen Entwicklung zu unterstützen. ORBIS bemüht sich um eine öffentliche Sichtbarkeit der Problematik durch z. B. Postings, Pride Logo oder dieses Interview. Im Gegensatz zu anderen Unternehmen ist dies aber nicht bloß, um offen zu wirken. Jeder steht hinter dem Thema und macht sich für betroffene Kolleg:innen auch vor Externen stark.

Offenheit und Gemeinschaft sind ein wichtiger Teil unserer Unternehmenskultur und finden sich nicht nur im Disclaimer unserer Stellenanzeigen oder in der Einrichtung einer Stelle für Gleichstellung und gegen Diskriminierung wieder. Viele unserer Kolleg:innen wie z. B. Michael engagieren sich darüber hinaus auch privat für das Thema. Sicherlich können wir mit wachsender Unternehmensgröße in Zukunft noch mehr tun, Luft nach oben ist ja immer, aber alles in allem gehen wir sehr gut mit dem Thema Pride um. 

Wie war das Outing für Dich vor Deinen Kolleg:innen?

Ein direktes „Outing“, wie man sich das vorstellen mag, gab es bei mir nie wirklich vor meinen Kolleg:innen. Mein Coming-Out bei ORBIS kam fließend. Als ich 2021 neu zur ORBIS kam, war ich mitten in der „heißen“ Phase meiner Suche nach meiner sexuellen Identität und quasi schon auf der Zielgeraden. Ich war mir darüber zu 90 % bewusst, allerdings hat der Punkt gefehlt, ab welchem ich auch nach meiner Orientierung lebe. In vielen Gesprächen mit den Kolleg:innen konnte man es vermutlich schon raushören. Es war aber sehr angenehm, denn – auch wenn ich es relativ deutlich angesprochen habe – es wurde nie komisch geschaut, nachgebohrt oder negativ kommentiert. Es wurde entweder unkommentiert gelassen, angenommen oder auch positiv und interessiert hinterfragt.

Ich hatte keineswegs das Gefühl, ich werde nicht angenommen oder nicht so akzeptiert, wie ich bin. Eher im Gegenteil. Als ich dann meine jetzige Freundin im Herbst 2021 kennengelernt habe, stand ich vor dem Punkt, meine Orientierung auch zu leben. Wir sind seit August 2022 auch ein Paar und verstecken uns nicht. Den Prozess haben meine Kolleg:innen miterlebt und sie haben mich somit einfach kennengelernt, wie ich bin.

Was würdest Du jemanden mitgeben wollen, dessen:deren Kolleg:in sich gerade outet?

Da ich keine negative Erfahrung gemacht habe, kann ich nur im Allgemeinen sprechen. Es ist für die Person, die sich gerade outet, meist eine Überwindung. Für den einen mehr, für den anderen weniger. Es ist schon sehr viel wert, wenn aufmerksam zugehört wird, man auch erstmal die Zeit bekommt zu sprechen, ohne direkt eine Rückmeldung oder Rückfragen zu erhalten. Oftmals ist der Raum zu sprechen, den man bekommt, ein großer, um endlich mal alles an Gefühlen und allem, was für einen damit in Verbindung steht, auszusprechen.

Empathie ist ebenfalls ein wichtiger Aspekt. Es ist für die sich outende Person schön zu wissen, wenn man ggf. Unterstützung an seiner Seite hat und für die Gefühle Verständnis erfährt.

Zu viele Fragen an die Person können unangenehm sein. Die sich outende Person wird all das sagen, was sie erzählen möchte. Direkte Fragen, auch wenn nur aus einfachem Interesse heraus, können zu viel für das Gegenüber sein und in dem Moment einen Schritt zu weit gehen.

Als letzten Punkt möchte ich anmerken, dass Vorurteile oder Stereotypen mit Sicherheit in den meisten Köpfen der Gesellschaft verankert sind. Allerdings sollte im Moment des Coming-Outs kein Raum dafür sein. Man möchte vielleicht die Person in ihrer Orientierung bestärken, indem man sagt: „Das hat man Dir schon lange angemerkt und als Du Dir die Haare kurzgeschnitten hast, habe ich es eigentlich sicher gewusst“, allerdings haben alle, die Teil der LGBTQIA+-Community angehören, permanent mit Vorurteilen zu kämpfen. Manche mögen vielleicht das ein oder andere Vorurteil verkörpern, allerdings ist die Orientierung davon immer noch komplett unabhängig.

Wie geht die JAV der ORBIS mit dem Thema um?

Als neue Vorsitzende der Jugend- und Auszubildendenvertretung (JAV) ist mir das Thema besonders wichtig. Wir gehen sehr aufgeschlossen und offen mit dem Thema um, sollte es zu der Situation kommen, dass wir Stellung beziehen müssen oder Konflikte entstehen. Allerdings ist Toleranz für uns einer der wichtigsten Werte, welche wir vertreten. Sollte es seitens der Jugend und Auszubildenden bei ORBIS Gesprächsbedarf entstehen, sind wir jederzeit gerne vertrauensvolle und aufgeschlossene Ansprechpartner:innen. Wir unterscheiden in keinster Weise hinsichtlich Sexualität, sexueller Orientierung oder Identität. Diese Erfahrung machen wir auch im Allgemeinen bei ORBIS. Für uns ist Diskriminierung (egal in welcher Hinsicht) kein Thema, da wir bei ORBIS ein tolerantes und wertschätzendes Verhältnis untereinander haben.

Wo kann man sich im Saarland engagieren oder Teil der Community werden?

Der Lesben- und Schwulenverband Saar ist eine der bekanntesten Anlaufstellen im Saarland, gehört zum Lesben- und Schwulenverband in Deutschland (LSVD) und versteht sich als Bürgerrechtsverband.

Unter dem Motto „Liebe verdient Respekt“ wirbt dieser in der Öffentlichkeit für die Akzeptanz queerer Lebensweisen. Sie beraten und unterstützen zu einer Vielzahl von Themen – beispielsweise beim Coming-out oder bei Erfahrungen mit Diskriminierung und Gewalt. Ebenso informieren sie über weiterführende Hilfsangebote und Unterstützungsmöglichkeiten. Es werden auch Vermittlungen zu deren Gruppen und Netzwerken angeboten.

Ob ehrenamtliche oder finanzielle Unterstützung. Nur durch die Mithilfe aus der Community kann der LSVD wichtige Projekte umsetzen. Mit einer Mitgliedschaft unterstützt man somit die politische LGBTQIA+-Arbeit. Dafür kann man über die Website des LSVD Saar ein entsprechendes Kontaktformular ausfüllen.

Was möchtest Du unseren Leser:innen noch mitgeben?

Es ist schade, dass wir Pride, Queerness und all das, was dazu gehört, noch thematisieren müssen, dass man sich in der Politik noch für Gleichheit, Toleranz und Akzeptanz einsetzen muss und dass es leider noch immer nicht zur Normalität zählt. Wobei man dann auch nochmal hinterfragen muss, was ist normal und warum unterscheidet man noch zwischen normal und unnormal? Ich würde mir eine Welt wünschen, in der jede Person ihr Leben hinsichtlich Glaube, sexueller Orientierung/Identität, Werten, uvm. selbstbestimmt leben kann. Eine Welt, in der man sich vielleicht ein bisschen weniger mit anderen beschäftigt und allen Toleranz und Akzeptanz entgegenbringen kann. Liebe sollte bedingungslos sein. Ich wünsche mir eine Welt ohne Scham, Angst, Diskriminierung, Vorurteilen, Stereotypen oder Label.

Seid offen füreinander, schenkt Euch Respekt, akzeptiert Euch, wie ihr seid und traut Euch selbstbestimmt zu leben und zu lieben!

AUTORIN
Selina Steinmetz, ORBIS SE
AUTORIN Selina Steinmetz Apprentice Office Management, ORBIS SE
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