Mit ORBIS DSP, SAP- und Microsoft-Cloud-Lösungen: NETZSCH realisiert einheitliche und interoperable Shopfloor-Plattform
Prozesse: Intralogistik, Lagersteuerung, Fertigungssteuerung
Referenzen: NETZSCH
Die NETZSCH-Gruppe will ihren Erfolg in Zukunft auch durch eine Digitalisierungsstrategie sichern. Einen wichtigen Baustein bilden dabei komplett digitalisierte Prozesse in der Produktion. Im Bereich Pumpen & Systeme hat man die Weichen dafür mit einer zukunftsorientierten, einheitlichen und interoperablen Shopfloor-Plattform gestellt, die Anwendungen von SAP und ORBIS MES mit der Microsoft-Azure-Cloud kombiniert. Ihr Herzstück ist die Lösung ORBIS Distributed Shopfloor Processing (ORBIS DSP), die interoperabel mit allen Applikationen agiert.
Branche: Maschinenbau
Hauptsitz: Waldkraiburg in Oberbayern
Produkte: rotierende Verdrängerpumpen von der Schraubenspindel-, über Drehkolben- und Exzenterschneckenpumpe bis zur Schlauchpumpe inklusive dazugehöriger digitaler Services
Mitarbeiter: über 4.000 (2022; NETZSCH-Gruppe)
Website: www.netzsch.com
Ohne rotierende Verdrängerpumpen bewegt sich so gut wie nichts – weder in der Öl- und Gasindustrie, der Umwelt- und Energiebranche noch in der Lebensmittel-, Pharma-, Chemie- und Papierindustrie oder im Bergbau. Die Pumpen werden benötigt, um Abwasser zu behandeln, Öl und Gas, Schmier- und Hydrauliköl, Klärschlamm, Sprengstoff oder hochviskose und feststoffhaltige Substanzen zu fördern oder beim Entladen von Rohöl.
Führender Spezialist für Verdrängerpumpen
Ein führender Spezialist für die Entwicklung und Fertigung dieser Pumpen ist die NETZSCH Pumpen & Systeme GmbH. Das Unternehmen aus Waldkraiburg in Oberbayern stellt pro Jahr rund 60.000 solcher Geräte her, von der Schraubenspindel- über die Drehkolben- und Exzenterschneckenpumpe bis zu Schlauchpumpen, die auf spezielle Kundenanforderungen zugeschnitten sind.
Quelle Bild: © Netzsch
NETZSCH Pumpen & Systeme gehört zur NETZSCH-Gruppe, die auch in den Geschäftsfeldern Analysieren & Prüfen sowie Mahlen & Dispergieren aktiv ist und in 210 Vertriebs- und Produktionszentren in 35 Ländern über 4.000 Mitarbeitende beschäftigt. Unter dem Dach einer Holding zusammengefasst, agieren die einzelnen Bereiche eigenständig, um jedem Kunden die bestmögliche Lösung zu bieten. Das Unternehmen setzt auf ständige Innovation, exzellente Leistungen in allen Bereichen – Stichwort „Proven Excellence“ – und digitale Services, um seine führende Position am Markt zu behaupten und auszubauen sowie den Unternehmenswert zu steigern.
Shopfloor-Digitalisierung mit interoperabler Plattform
Schlüsselfaktoren für anhaltenden Erfolg am Markt sind aber auch die Digitalisierung, Standardisierung und nachhaltige Optimierung der Prozesse in der Produktion und auf betriebswirtschaftlicher Ebene. Bei den kaufmännischen Abläufen hat der Pumpenhersteller mit der System Conversion auf die SAP-S/4HANA-Plattform den Grundstein dafür bereits gelegt, auf der auch das vorhandene ORBIS MES genutzt werden kann. Damit sind im Produktions- und Logistikbereich die Voraussetzungen für die Einführung einer modernen, zukunftsfähigen, standardisierten, skalierbaren und vor allem interoperablen Shopfloor-Plattform geschaffen, die in allen Produktionsstandorten weltweit genutzt werden kann.
„Der Aufbau und die Implementierung dieser Plattform waren von strategischer Bedeutung. Damit konnten wir im Shopfloor digitale, papierlose und interoperable Prozesse aus einem Guss etablieren, die von der Pflege der Parameter mit Fertigungsvorschriften über die Auftragsabwicklung und die Maschinensteuerung bis hin zum Reporting der Produktionskennzahlen alles abdecken“, sagt Andreas Freiberger, SAP Inhouse Consultant bei NETZSCH.
Die neue Plattform von ORBIS ersetzt eine lokal installierte proprietäre Altlösung für ME- und QM-Prozesse, Parameterpflege und Reporting, die sich nicht direkt mit dem ERP von SAP (SAP S/4HANA bzw. vorher SAP ERP) verbinden ließ und deren Support nicht mehr gewährleistet ist, da sie nicht weiterentwickelt wird.
ORBIS DSP sorgt für Interoperabilität
Die Shopfloor-Plattform kombiniert On-Premises- mit Public-Cloud-Lösungen: das SAP-basierte ORBIS Manufacturing Execution System (ORBIS MES), das sich nahtlos in SAP S/4HANA integriert und in Teilbereichen der Statorenfertigung bereits im Einsatz war, mit einer Low-Code-App auf Basis der Microsoft Power Platform zur Anlage und Verwaltung der Fertigungsvorschriften und der Azure-IoT-Platform. Dort werden Prozessdaten aus den Maschinen gespeichert und mit Microsoft Power BI ausgewertet.
Das Herzstück der Plattform bildet die Lösung ORBIS Distributed Shopfloor Processing (ORBIS DSP), eine funktionale Erweiterung, die für Interoperabilität, also für das reibungslose Zusammenspiel der einzelnen Applikationen sorgt. Die innovative Anwendung aus dem Haus der ORBIS SE besteht aus einer autarken EDGE-Komponente und dem SaaS-Cloud-basierten Management-Cockpit.
Die EDGE-Komponente von ORBIS DSP ist dabei die lokale Instanz zur einheitlichen Anbindung der Produktionsmaschinen. Die komplette Administration der lokal genutzten Services erfolgt im cloudbasierten Management-Cockpit, also die Abbildung der Organisation (Werke und dort installierte Maschinen/Anlagen) und die Konfiguration der Daten- und Prozessflüsse. Das Cockpit regelt somit, welche Daten in welche Applikationen und Prozesse einfließen, ob in Waldkraiburg, in den USA oder in Asien.
Einstieg in die digitale, papierlose Fertigung
Aktuell sind sechs Maschinen zur Fertigung von Pumpen-Statoren an die interoperable und skalierbare Shopfloor-Plattform angebunden. Mit ihrer Hilfe konnte die Auftragsabwicklung optimiert und deutlich verkürzt, wie auch die Steuerung der Produktion spürbar effizienter gemacht werden. Möglich war dies unter anderem, weil ORBIS MES im perfekten Zusammenspiel mit ORBIS DSP und SAP S/4HANA die Werker dialoggestützt und zuverlässig durch ihre Aufgaben führt. Außerdem ermöglicht die Plattform ein Reporting von Produktionskennzahlen auf der Ebene von Produkt, Maschine und Standort. Sämtliche Prozesse lassen sich durchgängig digital, das heißt ohne manuelle Zwischenschritte und somit ohne System- und Medienbrüche, durchführen.
In der Praxis funktioniert das wie folgt: In der Microsoft Power App werden die Parameter für die Maschinen gepflegt und gespeichert, mit denen die Pumpen-Statoren gefertigt werden. Abhängig vom Fertigungsmaterial wird dabei festgelegt, welche Vorgaben/Bedingungen eine Maschine erfüllen muss, etwa in Bezug auf ihre horizontale und vertikale Position, auf ihren Druck oder ihre Temperatur, damit der Produktionsprozess anlaufen kann. Entsprechen die Werte den Vorgaben, erteilt der Werker die Freigabe in der App, und die Parametersätze werden an die EDGE-Komponente von ORBIS DSP übergeben.
Die relevanten Fertigungsaufträge werden in SAP S/4HANA erstellt. Die EDGE verknüpft den FAUF aus SAP mit den dazugehörigen Parametersätzen, die aus der Cloud geladen werden, und stößt das Rüsten der Maschine an. Sobald dieser Vorgang abgeschlossen ist, erfolgt eine Rückmeldung an das MES, das die Produktion über die EDGE startet. Zeigt eine Maschine an, dass die Produktion beendet ist, wird diese Information über die EDGE-Komponente und das MES an SAP S/4HANA übermittelt, und der Fertigungsauftrag dort abgeschlossen.
Doch damit nicht genug. Die nachgelagerte Prüfung der Statoren im Messraum, die auf Basis von Prüflosen erfolgt, wird ebenfalls über ORBIS DSP abgewickelt. Die Lösung nimmt die Messergebnisse auf und überträgt sie in die Ist-Werte der relevanten Prüfmerkmale, die im SAP-Prüflos gespeichert sind.
Prozessdatenanalyse in Power BI
Die von den Maschinen erzeugten Prozessdaten zu Rüst- und Produktionszeiten, aber auch Fertigungsparameter wie Druck, Temperatur, Geschwindigkeit fließen via EDGE in die Azure-IoT-Platform ein. Dort werden sie gespeichert und mit dem Analysetool Power BI detailliert ausgewertet. Auf diese Weise ist ein effizientes Kennzahlen-Reporting möglich, das Hinweise auf Optimierungspotenziale in der Fertigung liefern kann, zum Beispiel in puncto Rüstzeiten. Darüber hinaus lässt sich anhand der gespeicherten Prozessdaten und Fertigungsparameter lückenlos nachvollziehen, auf welche Art und Weise ein Stator hergestellt wurde (Traceability). Das ist ein wichtiger Aspekt im Hinblick auf die Produkthaftung und essenzieller Bestandteil des Qualitätsmanagements.
Umsetzung mit bewährtem IT-Partner
Mit der Umsetzung der neuen Shopfloor-Plattform wurde die ORBIS SE beauftragt, die schon mehrere SAP-Projekte bei NETZSCH durchgeführt hat, darunter die System Conversion auf SAP S/4HANA. Der international tätige IT-Dienstleister verfügt über umfassendes Know-how in Bezug auf den Shopfloor und bietet ein Lösungsportfolio, das von EDGE über ORBIS MES bis hin zu Power Platform, Azure IoT und Power BI reicht.
Dank der partnerschaftlichen Zusammenarbeit der Projektteams von ORBIS und NETZSCH ging das äußerst anspruchsvolle Vorhaben zügig über die Bühne. Besondere Herausforderungen stellten die Entwicklung der Power-App zur Anlage, Speicherung und Pflege der Parameter mit den Fertigungsvorschriften dar und die Übernahme einer großen Anzahl von Altdaten, Prozessdaten und Messwerte zu Statoren, in unterschiedlichsten Formaten und ihre Harmonisierung. Dafür nutzten die Experten von ORBIS den Datenintegrationsdienst Azure Data Factory.
Darüber hinaus war ORBIS damit beauftragt, in der neuen Produktionshalle in Waldkraiburg, die das Montagewerk und das vollautomatisierte Hochregallager der Pumpenbauteile beinhaltet, den gesamten Materialfluss in SAP neu zu konzipieren und zu realisieren: von der Anbindung automatischer Paletten- und Kleinteilläger bis hin zur Versorgung der Produktion über Routenzüge.
Andreas Freiberger ist mit dem bislang Erreichten zufrieden:
“Wir fügen Lösungen von SAP und ORBIS sowie Azure-basierte Cloud-Applikationen zu einer modernen, hybriden Plattform für ein digitales Shopfloor-Management zusammen. ORBIS DSP sorgt darin als zentraler Baustein für die Interoperabilität der einzelnen Anwendungen und choreografiert die Datenflüsse.”
Andreas Freiberger, SAP Inhouse Consultant bei NETZSCH Pumpen & Systeme GmbH
Doch das ist erst der Anfang: An die Plattform, die ständig verbessert und weiterentwickelt wird, sollen Schritt für Schritt weitere sechs Maschinen angebunden werden. Geplant ist außerdem der Roll-out in andere Standorte, auch international, im neuen Werk in Asien ist er bereits angelaufen.